Verhinderten Grüne eine ausreichende Corona- Impfstoffversorgung?

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In Rheinland-Pfalz, in Neustadt an der Weinstraße, lebt Jutta Paulus, ehemalige Vorsitzende des Landesverbands Rheinland-Pfalz vom Bündnis 90/Die Grünen und derzeit Mitglied des Europäischen Parlaments als Teil der Fraktion Die Grünen/EFA. Bisher nicht allzu bekannt, geriet sie über Nacht, genauer am Abend des 4. Januars 2021, in der Talkshow „Hart aber fair“ durch die Aussage des Talkshow-Gasts Dr. Liese, Mediziner und ebenfalls Mitglied des Europäischen Parlaments - allerdings für die EVP, in das Rampenlicht der Öffentlichkeit. Es ging um die skandalös mangelhafte Versorgung mit Corona-Impfstoff für Deutschland (Talkshow-Gast Dr. Wissing, Vize-Ministerpräsident von Rheinland-Pfalz), u. a. um das Produkt von BioNtech.

Was hatte Dr. Liese gesagt? Er habe die Grünen aufgefordert, zuzugestehen, dass es richtig gewesen sei, den Vertrag mit BioNtech zu machen, doch: „Die vier grünen Redner, auch die Deutsche Jutta Paulus aus Rheinland-Pfalz, haben das nicht über die Lippen gebracht!“ (https://www.bild.de/politik/talk-kritik/talk-kritk/hart-aber-fair-frankreich-verhinderte-laut-karl-lauterbach-mehr-impfstoff-74747316.bild.html). ). Haben die Grünen verhindert, dass Deutschland mit genügend Impfstoff versorgt wird?

Hart aber Fair: Annalena im Wettbewerb um die üblere Fake-News gegen Trump

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Nachdem man sich bei „Hart aber Fair“ mit dem Corona-Thema beim letzten mal ja gehörig verstolpert hat, wollte man gestern wohl auf Nummer sicher gehen. Daher genossen wir gestern für Sie wieder die Sendung im gewohnten ÖRR-Format „Fünf Stühle, eine Meinung“. Um sich auch möglichst weit von jeder verdächtigen Positionierung zu entfernen, spielt man sich in der WDR-Redaktion den ultimativen Softball zu: Es geht um die USA. „Die letzten Tage des Donald Trump: Gelingt ein Machtwechsel ohne weitere Gewalt?“ ist der Titel der gestrigen Sendung. Eingeladen hat man sich natürlich zur Sicherheit keinen, der auch nur ansatzweise aus der Anti-Trump-Einheitsfront ausbrechen könnte, na klar.

Frank Plasberg beginnt die Sendung direkt in angemessener Art und Weise: Mit einem Clip von Trumps Rede vom 6. Januar. Der ist natürlich so geschnitten, dass Trumps Aufruf, den Protest friedlich zu halten, fehlt. Damit ist die Runde eröffnet – und der Wettbewerb, wer die hanebüchenste Anklage gegen den Präsidenten formulieren kann, auch. Mit der Wahrheit werden es da einige nicht so genau nehmen.

Das beginnt mit Peter Altmaier, der neben Grünen-Chefin Annalena Baerbock, dem Europakorrespondenten des US-Magazins „Politico“ Matthew Karnitschnig, dem „Tagesthemen“-Moderator Ingo Zamperoni und der Harvard-Politologin Cathryn Clüver-Ashbrook einer der Gäste ist. Er erklärt mit Blick auf Trumps Aufforderung an die Demonstranten, Abgeordnete unter Druck zu setzen, sowas habe es in einer Demokratie „noch nicht gegeben“. Damit offenbart er ein bemerkenswertes Demokratieverständnis: Im Politikunterricht habe ich noch gelernt, dass Demonstrationen eben genau diesen Zweck erfüllen sollen.

Clüver-Ashbrook erklärt direkt daran anschließend, Trump habe die „Justiz auseinandergenommen“ – indem er Richter ernannt habe. Dass es in den USA die Amtspflicht des Präsidenten ist, Bundesrichter zu ernennen, sollte gerade sie als Politologin an Amerikas wohl renommiertester Universität wissen. Aber es soll nicht der letzte und bei weitem nicht der schlimmste Unsinn sein, den die aus Boston zugeschaltete Frau noch von sich geben wird.

Eine echte Freundin findet die politisch wohl ungebildete Politologin wenig überraschend in Annalena Baerbock. Die beiden Frauen wetteifern zwar gewaltig, wer mehr Vögel an diesem Abend abschießen, ja geradezu massakrieren kann, erklären aber zum Schluss beide, sie würden sich gegenseitig gerne zum Essen bei Joe Biden einladen. Baerbock erklärt, die AfD, die Corona-Demonstranten ins Parlament gebracht habe, sei mit dem gewalttätigen Sturm aufs Kapitol zu vergleichen. Ohnehin, so Baerbock, habe sich das Gift des „Sexisten“ und „Faschisten“ Donald Trump tief in die Demokratie gefressen, auch in Deutschland. Der Versuch, verzweifelt eine seltsame Faschismus-Brücke über den Atlantik zu schlagen, wird ein Markenzeichen des Abends werden.

Trump verstößt gegen deutsches Gesetz – Causa finita

Die Sendung driftet schnell dermaßen nach Absurdistan ab, dass sogar Peter Altmaier zur Stimme der Vernunft wird. Der weist immerhin daraufhin, dass auch Demokraten in der Vergangenheit Wahlen gerichtlich angefochten haben. Auch die anderen Herren der Runde müssen dort nachhelfen. Ingo Zamperoni, der Familie in den USA hat, bringt dankenswerterweise die Monate lange Gewalt der „Black Lives Matter“-Bewegung in die Diskussion und schafft so etwas Perspektive in einer Debatte, die bisher Trump zur Wurzel alles Bösen in den USA verklärt. Auch der Korrespondent des eigentlich eher linksgerichteten Magazins „Politico“ wird zum Vertreter der Ausgewogenheit.

Weil das anscheinend schon wieder zu viel Sachlichkeit ist, schaltet sich Cathryn Clüver-Ashbrook wieder in die Debatte ein. Sie war vergleichsweise lange still geblieben: Zum Nachdenken oder Abwägen ihrer Worte hat sie diese Zeit aber offensichtlich nicht genutzt. Stattdessen nennt sie Trumps Behauptungen über Wahlfälschungen wortwörtlich „Hitler-Goebbels’sche Lüge“, was einen als Zuschauer mit offenem Mund zurücklässt. Lediglich einen der beiden NS-Öbersten zu bemühen, ist beim Thema Trump wohl nicht mehr genug. Die Gewinnerin des Wettbewerbes um die absurdeste Aussage ist damit jedenfalls gefunden. Dieser NS-Vergleich geht dann auch Plasberg zu weit, der die Politologin relativ eindeutig dafür zurechtweist. Sie macht jedoch unbeirrt weiter und erklärt kurz darauf mit kaum verhohlener Freude, Amerika sei nun auf einem „progressiven Weg“ – weil Weiße in den USA bald zur Minderheit würden. Joe Biden, erklärt die Politologin mit noch mehr Freude, werde für „bestimmte Bevölkerungsgruppen“ liefern. Gemeint sind alle, die nicht Weiße sind. Mit welchen historischen Politikern man einen solchen euphorischen Rasse-Fokus vergleichen könnte, sei mal dahingestellt.

Solche absurden Aussagen kann selbst Annalena Baerbock nicht übertreffen – was nicht heißt, dass sie es nicht versucht. Sie kritisiert lautstark Trumps Lügen und Fake-News und fragt, warum Twitter Trump nicht von vornherein gesperrt hätte. Direkt daran anschließend behauptet sie, der Präsident habe zum Sturm auf das Kapitol aufgerufen und die Mauer an der Grenze zu Mexiko wäre gebaut worden – Achtung Falschaussage, aber Plasberg lässt es so stehen. „Faktencheck“ kommt, wenn überhaupt, ja erst nach der Sendung. Und so kann Baerbock minutenlang absurdeste Behauptungen in den Raum stellen. Mit Blick auf den Twitterbann des Präsidenten erklärt sie, „Hass und Hetze“ und Volksverhetzung seien Straftaten. Dass deutsche Gesetze nicht in den USA gelten, versteht sie nicht. Deswegen geht die Rechnung, gemeinsam mit den USA eine Art Behörde zur Kontrolle von sozialen Medien (zum Kampf gegen Hass und Hetze, versteht sich) aufzubauen, in ihrem Kopf auch auf: Amerikaner, die das als „Zensurbehörde“ kritisieren, will sie dann mit einem Verweis auf das deutsche Grundgesetz ruhig stellen – kein Witz. Mit jeder Minute, dia Annalena Baerbock bei „Hart aber Fair“ redet, wächst die Vorfreude auf ihre Kanzlerkandidatur.

Nach dieser Sendung sitzt man leicht verdusselt vor seinem Bildschirm und fragt sich, was man da gerade eigentlich gesehen hat. Eine Kanzlerkandidatin, die den USA das Grundgesetz und den Volksverhetzungsparagraphen aufoktroyieren will, und einen Moderator, der für eine Sendung über den bösen Lügner Trump erstaunlich viele Falschaussagen durchgehen lässt. Die Anwesenheit von Altmaier, Zamperoni und Karnitschnig hat man fast schon wieder ausgeblendet, weil sie das kleine Einmaleins einer deutschen Trump-Talkshow nicht verinnerlicht haben. Man kann Trump nie genug kritisieren – der Wahrheitsgehalt ist dabei sekundär bis Jacke wie Hose. Aber wenn es darum geht, diesen US-Präsidenten als Lügner zu überführen – was zählt da schon die Wahrheit?

Markus Heidemanns: “Ein Name ist noch kein Gast”

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Das neue Corona-Jahr hätte bei “Markus Lanz” fast begonnen, wie das alte endete: dasselbe Dauerthema, derselbe Dauergast wie in 17 Sendungen zuvor. Am Mittwoch also hätte Karl Lauterbach wieder einmal in jenes Studio in Hamburg-Bahrenfeld kommen sollen, das ihm inzwischen so vertraut sein dürfte wie das eigene Wohnzimmer. Aber dann schnappte sich am Montag die kurzfristig aus der Winterpause zurückgeholte ARD-Konkurrenz “hart aber fair” den frisch gekrönten “Talkshow-König” und Gesundheitsexperten der SPD.

Das war dann doch zu viel Lauterbach-Präsenz im TV für den anderen Markus im “Markus Lanz”-Gespann: Markus Heidemanns, als Produzent und Chefredakteur hauptverantwortlich für die Gästeeinladungen in der ZDF-Talkshow seines Geschäftspartners und moderierenden Aushängeschilds Markus Lanz, tauschte den studierten Epidemiologen Karl Lauterbach gegen den Digital-Epidemiologen Dirk Brockmann vom RKI aus. Dass diese Ausladung nicht den Endpunkt einer erfolgreichen Fortsetzungsgeschichte bedeutet, dürfte indes so sicher sein wie das Amen in der Kirche.

“Markus Lanz” und Corona, das kann man unbestritten so stehen lassen, haben den neuerdings nicht mehr Fliege tragenden Polit-Sonderling aus Leverkusen nach seinem Scheitern um die SPD-Führung zum großen Medien-Comeback verholfen. Piekst man Markus Heidemanns erneut auf diese auffällige synergetische Achse Lauterbach-Lanz an, ist er sofort auf der Zinne. In seiner Predigt, die eher belehrt als erklärt, ist er kaum zu stoppen, die Hände reden im Video-Interview mit, und der silberne Totenkopfring an seinem rechten kleinen Finger, ein Relikt aus wilden Punkbandzeiten (und in Kopie auch Verlobungsring seiner Ehefrau Estefania), unterstreicht noch die Vehemenz seiner Worte.

© imago / Teutopress Ein bisschen Kult: Lauterbach bei “Markus Lanz”

138 Mal ging “Markus Lanz” auf Sendung im vorigen Jahr, mit rund 480 Gästen, zählt Heidemanns auf. “Wenn nach zehn ungewöhnlich harten Monaten, in denen die Redaktion sensationelle Arbeit geleistet hat, nur ein einziger Name hängenbleiben würde, dann wäre das in der Tat wirklich schade.” Und überhaupt, fragt er grimmig zurück, warum solle er einen guten Gast zu einem bestimmten Thema nicht einladen, nur weil er schon so oft da war? “Mich hat immer die Meinung von Karl Lauterbach interessiert.” Kaum einer habe schließlich mit seiner Einschätzung und Prognose so richtig gelegen wie dieser “sehr gute Epidemiologe und führende Experte” in der Pandemie. “Das können wir belegen. Bei uns sprach er schon von der zweiten Welle, als ihn alle anderen als apokalyptischen Reiter belachten.”

Belegt ist definitiv, dass die Corona-Sendungen, ob mit oder ohne Lauterbach, dem dreimal die Woche gesendeten ZDF-Talk Quotenhöhenflüge bescherten. Gerade bei den unter 49-Jährigen ist der Marktanteil in der stolzen Heidemanns-Vergleichsrechnung zu 2019 “um rund 80 Prozent gestiegen”, “Markus Lanz” gehöre regelmäßig zu den jüngsten Sendungen im ZDF. Wenn gerade jüngere Leute sich die Sendung aussuchten, um ihre Fragen zu Corona beantworten zu lassen, “dann machen wir anscheinend sehr viel richtig”. Die Redaktion sei im Frühjahr 2020 “als Volkshochschule gestartet” und habe heute “den Wissensstand einer Art Corona-Uni im siebten Semester” erreicht. Heidemanns selbst hätte sich jedenfalls vor zehn Monaten kaum träumen lassen, dass auch er jederzeit irgendwo als wissenschaftliche Hilfskraft zum Thema Corona-Viren und Pandemie anfangen könnte.

© imago / APress Markus Heidemanns, Markus Lanz

Diese Expertise haben sich die beiden Markusse gemeinsam aufgebaut, so wie sie auch ihre Talkshow in enger Abstimmung auf neue Wege führen, was Heidemanns gerne mit dem Wort “Metamorphose” umschreibt. Schon in der Endphase von “Johannes B. Kerner”, dem Sendeplatzvorgänger von “Markus Lanz”, arbeitete Heidemanns daran, den Spät-Talk von einer Bühne für Produktepromotion berühmter Leute wegzuführen. Als sich Kerner dann von Sat.1. abwerben ließ und Heidemanns vollständig die gemeinsam gegründete Firma Fernsehmacher übernahm, setzte er mit Lanz und der neuen Tochterunternehmung MHoch2 den Kurs fort: Geschichten erzählen, die über den Zweizeiler im Insta-Feed hinausgehen, hinter die eigentliche Aussage schauen. Das gilt insbesondere für politische Gäste, mit denen sich “Markus Lanz” seit einiger Zeit intensiver beschäftigt.

Manchen gilt der Lanz-Talk inzwischen als beste politische Gesprächssendung im deutschen Fernsehen und das, obwohl sie beim ZDF noch immer in der Abteilung Unterhaltung geführt wird. Für Produzent Heidemanns steht außer Frage: “,Markus Lanz‘ hat sich von einer unterhaltenden zu einer politischen Talkshow entwickelt.” Die Anerkennung im Kollegenkreis wächst. Bereits zum zweiten Mal kürte das Fachjournal “medium magazin” Markus Lanz zum “Unterhaltungsjournalist des Jahres”. Feuilletonisten wie Maxim Biller bekannten sich öffentlich zu ihrem Fantum. Und selbst die sonst sehr kritische “taz” überschüttete die “schleimige und neoliberale Hassfigur” in ihren linken Kreisen mit unideologischer Liebe.

© Heidemanns

Die hat es laut Heidemanns, dem Jüngeren, “so nie gegeben”. Dass zwei Brüder, die gleichzeitig die besten Freunde sind, miteinander reden, sei völlig klar. Aber genauso klar sei, “dass wir immer die redaktionelle Hoheit darüber behalten haben, was wir herausgeben und was nicht”. Spätestens das überraschend heftige “Bild”-Bashing von Lanz‘ “Wetten, dass…?"-Gehversuchen, die Produzent Heidemanns mit betreute, ließ den Austausch versiegen. Martin Heidemanns nahm Anfang 2020 eine saftige Springer-Abfindung in die Selbstständigkeit mit, und die “Lanz”-Redaktion spricht ohnehin vorab lieber mit dpa, wenn ein interessanter Gast kommt.

Wer kommt, das besprechen sie bei “Markus Lanz” immer gemeinschaftlich, aber stets unter Beachtung des obersten Heidemanns-Gebots: “Ein Name ist noch kein Gast.” Erst das Thema, dann beginnt die Suche nach dem passenden Personal. Oder, das kommt auch vor, man wird ausgesucht wie im vorigen Herbst von Barack Obama. Der ehemalige US-Präsident hatte ein dickes Buch geschrieben, das es auch in Germany zu vermarkten galt. Am ZDF vorbei ging das Gesprächsangebot direkt an die Lanz-Redaktion. Ob es Ärger gab, Eifersüchteleien bei Maybrit Illner? Heidemanns pariert mit einem “ich glaube, dass man beim ZDF stolz war, dass das Interview überhaupt im Sender stattgefunden hat”. Mit der Kollegin Illner verhalte es sich im Übrigen genauso wie mit den ARD-Fachkräften im Talk-Gewerbe: “Da ist offener Konkurrenzkampf.”

Eine Woche Vorlauf hatten sie, zu kurz eigentlich, um ein Visum zu bekommen. Erst als sich das Obama-Büro einklinkte, ging es voran. Nach 48 Stunden hatten sie die Zusage von der Botschaft in Berlin, nach 72 Stunden ein fünfjähriges Journalistenvisum für Amerika. Weitere 24 Stunden später saßen der Moderator und sein Produzent im Flieger nach Washington – so einen Coup wollte Markus Heidemanns nicht aus der Ferne beobachten. Sowieso hat er in all den Jahren mit fast 1500 Aufzeichnungen bis auf ein einziges Mal – da unterzog er sich einer OP – keine Lanz-Sendung verpasst. Wenn er denkt, ein Gast im Studio erzählt dummes Zeug, dann ist er es in der Regie, der mit einem zugeflüsterten Faktencheck in die Sendung eingreift oder Lanz mit seinem Zweifel antickt.

Anonymität ist im verrückten Fernsehgeschäft ein wertvolles Gut.

Über die Jahre ist daraus ein gut abgestimmtes Zusammenspiel geworden. “Markus und ich können uns blind aufeinander verlassen.” Den Mann an der Interviewfront bremsen oder anstacheln müsse er gleichwohl nicht. Da seien sie eng beieinander, wohin ein Interview gehen soll. Immer ein “Boxkampf auf Augenhöhe” soll es sein nach anglo-amerikanischem Vorbild: rangehen, wieder loslassen, rangehen, wieder loslassen. Kein Moderator im deutschen Fernsehen sei im Gespräch mit Politikern so mutig wie Markus Lanz, glaubt Heidemanns. “Er scheut sich auch nicht, einem Politiker offen zu sagen: Das glaube ich ihnen nicht. Damit bezichtigt er den Gast immerhin, dass er die Unwahrheit sagt.” Aber leicht müsse es zwischendurch auch sein. Er hätte jedenfalls keinen Spaß daran, eine Sendung zu produzieren, in der sich ein Gast einem einzigen Störfeuer aussetzen lassen müsste, wie es hierzulande etwa Michel Friedmans Art war, sagt Heidemanns.

© Heidemanns

In der US-Hauptstadt dürfte sich der berühmtere Markus von beiden ausnahmsweise mal ohne Sonnenbrille und Baseballkappe bewegt haben, die übliche Camouflage, um unbehelligt durch den privaten Alltag zu kommen. Einmal auf der anderen Seite des Atlantiks, besuchten Heidemanns und Lanz übrigens gleich mal “den Elmar”. Auch Elmar Theveßen, amtierender ZDF-Korrespondent in Washington, war im vergangenen Jahr ein sehr oft gesehenes Gesicht bei Lanz, noch öfter als Karl Lauterbachs, wenn auch nur zugeschaltet auf der mannshohen Videowand.

Seit Corona ist sie im Dauerbetrieb, wenn kein Flieger fliegt und selbst der hauseigene Fahrservice daran scheitert, Politiker, Virologen und Hauptstadtjournalisten ins Studio nach Hamburg zu karren. Das ZDF war anfangs skeptisch. Gäste in eine Talkshow zu schalten, müsste doch nicht sein. Aber die Sache hat sich aus Heidemanns Sicht bewährt. Über 25 Minuten Eins-zu-Eins-Talk mit Theveßen, das war die längste Schalte in 2020. “Bei uns kann Elmar Sachverhalte und Geschichten vermitteln und erläutern, die in einer Dreiminutenschalte im heute-journal nicht möglich sind.”

So war es auch an diesem Mittwoch, als Trumpisten das Capitol in Washington stürmten. Wenige Minuten, bevor der Mob ihm und den anderen Journalisten das Equipment zertrümmerten, war der ZDF-Korrespondent in der Lanz-Aufzeichnung drin. Am Donnerstag dann das gleiche Zusammenspiel. Der Wahnsinn in Washington und der Wahnsinn Corona, sie werden nicht nur Markus Heidemanns weiter bewegen. Und seine Gästeauswahl entsprechend bestimmen.

Wäre Trump eine Option, will man zum Schluss noch von ihm wissen. Reizen würde es Heidemanns schon. “Ich würde ihn fragen, wie er sich nach dem Sturm auf das Kapitol als Brandstifter fühlt. Es dürfte in einem Interview mit Trump kaum ein Satz fallen, in dem er nicht lügt. Es wäre eher so, als ob man mit einer Taube Schach spielt. Und wie das ausgeht, ist ja bekannt…”