Faktencheck: Corona macht impotent. Stimmt das?

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Fünf Behauptungen über FFP2-Masken im Faktencheck

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FFP2-Masken schützen nicht vor Viren, müssen nach 75 Minuten Tragen entsorgt werden, sind nicht wiederverwendbar, können bei falscher Anwendung Gesundheitsschäden verursachen und sind nicht als Medizinprodukt geeignet.

Teilweise falsch. FFP2-Masken müssen nicht vor Viren, sondern vor Aerosolen schützen. Nach 75 Minuten wird lediglich eine Tragepause empfohlen. Es gibt Möglichkeiten zur Wiederaufbereitung und auch wenn sie ursprünglich keine Medizinprodukte sind, können sie laut Experten die Ausbreitung von SARS-CoV-2 eindämmen. Es ist richtig, dass bei falscher Anwendung Risiken für vorerkrankte Menschen bestehen.

„Wie blöd ist die Menschheit eigentlich?“ – mit dieser Frage ist eine Sharepic überschrieben, das mehrere Behauptungen über FFP2-Masken aufstellt und zehntausendfach auf Facebook geteilt wurde (zum Beispiel hier oder hier).

Mit dem Bild wird im deutschsprachigen Raum Stimmung gegen die Einführung einer FFP2-Masken-Pflicht gemacht. In Deutschland hat die Ministerpräsidentenkonferenz am 19. Januar eine Pflicht zum Tragen von OP-Masken oder partikelfiltrierenden Halbmasken (FFP2 oder KN95/N95) beim Einkaufen und im öffentlichen Nahverkehr beschlossen. In Österreich gibt es seit dem 25. Januar ebenfalls für diese Bereiche eine FFP2-Maskenpflicht.

In dem Facebook-Beitrag wird suggeriert, dass wissenschaftlich gewonnene Erkenntnisse zu FFP2-Masken aktuell ignoriert oder verdreht würden, um die Maskenpflicht zu rechtfertigen. Unsere Recherchen zeigen: Die Behauptungen sind eine Mischung aus falschen, unbelegten und richtigen Aussagen. Insgesamt fehlt dem Beitrag wichtiger Kontext, sodass er in die Irre führt.

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Dieses Sharepic wird auf Facebook verbreitet und stellt falsche und irreführende Behauptungen über FFP2-Masken auf. (Quelle: Facebook / Screenshot und Schwärzung am 27. Januar 2021: CORRECTIV.Faktencheck)

Behauptung 1: FFP2-Masken würden nicht vor Viren, Bakterien und Keimen schützen

Bewertung: Fehlender Kontext

FFP2-Masken müssen nicht explizit gegen Viren schützen, um die Übertragung von SARS-CoV-2 zu begrenzen – sondern vor Aerosolen. Aerosole sind feinste feste oder flüssige Partikel beziehungsweise „Schwebeteilchen“ unterschiedlicher Größe, die sich zum Beispiel in der Luft befinden und verteilen. Und über diese wird SARS-CoV-2 von Mensch zu Mensch übertragen.

Mit der ausgeatmeten Luft verbreitet jeder Mensch eine Reihe von Gasen und auch Aerosolpartikel in seiner unmittelbaren Umgebung, schreibt das Umweltbundesamt. Befinden sich demnach Krankheitserreger wie SARS-CoV-2-Viren in den Atemwegen, entstehen Aerosole, die diese Krankheitserreger enthalten können. Genau das ist laut Robert-Koch-Institut (RKI) ist der Hauptübertragungsweg des Coronavirus, „die respiratorische Aufnahme virushaltiger Flüssigkeitspartikel, die beim Atmen, Husten, Sprechen und Niesen entstehen“.

Das Tragen eines Mund-Nasen-Schutzes soll die Wahrscheinlichkeit der Übertragung von SARS-CoV-2 von Mensch zu Mensch reduzieren. Das Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) schreibt für FFP2-Masken, dass sie im Testverfahren mindestens 94 Prozent der Aerosole filtern müssen, bei FFP3-Masken sind es 99 Prozent. „Sie bieten daher nachweislich einen wirksamen Schutz auch gegen Aerosole. Die Prüfnorm ist, gemeinsam mit dem CE-Kennzeichen und der vierstelligen Kennnummer der Benannten Stelle, auf der Oberfläche der FFP-Maske aufgedruckt“, schreibt das BfArM.

Wir haben zu diesem Thema bereits einen ausführlichen Faktencheck veröffentlicht, der hier zu finden ist.

Behauptung 2: FFP2-Masken dürften maximal 75 Minuten getragen werden und müssten dann entsorgt werden

Bewertung: Größtenteils falsch

Laut der Berufsgenossenschaft für Gesundheitsdienst und Wohlfahrtspflege (BGW) sollen Menschen auf der Arbeit eine FFP2-Maske maximal zwei Stunden am Stück tragen, eine FFP2-Maske ohne Aus-Atemventil maximal 75 Minuten am Stück. Danach sollte man die Maske mindestens 30 Minuten nicht tragen. Die BGW beruft sich dabei auf Regeln der Deutschen Gesetzlichen Unfallversicherung (DGUV).

Nach den zwei Stunden oder 75 Minuten muss die Maske jedoch nicht entsorgt werden, sondern kann erneut getragen werden.

Dasselbe steht auch in den Empfehlungen der Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin (BAuA) vom 7. Mai 2020. Entsorgt werden sollen FFP-Masken zum einmaligen Gebrauch demnach nach acht Stunden Benutzung oder bei „Durchfeuchtung“.

Empfehlungen der Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin für FFP-Masken zum einmaligen Gebrauch (Quelle: BAuA / Screenshot: CORRECTIV.Faktencheck)

Behauptung 3: FFP2-Masken sollten nicht wiederverwendet werden, auch nicht nach einer Trocknung im Ofen

Bewertung: Unbelegt

„Grundsätzlich sind FFP-Masken vom Hersteller als Einmalprodukte und nicht zur Wiederverwendung vorgesehen. Dennoch werden diese Masken im Privatbereich im Alltag oft mehrfach, sogar an mehreren aufeinanderfolgenden Tagen verwendet“, schreibt das Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) auf seiner Webseite. Um die Möglichkeiten und Risiken zu untersuchen, fördert das BfArM ein Forschungsprojekt der Fachhochschule Münster und der Westfälischen Wilhelms-Universität Münster. Verschiedene Verfahren zur Wiederaufbereitung an unterschiedlichen FFP2-Masken wurden dort getestet. Ein Teil der Erkenntnisse wurde bereits veröffentlicht.

Zwei erfolgreiche Möglichkeiten der Wiederaufbereitung werden im Rahmen des Forschungsprojekts beschrieben. Zum einen könne SARS-CoV-2 im Backofen bei einer Temperatur von 80 Grad Celsius und einer Einwirkzeit von einer Stunde „sicher auf und im Maskenmaterial inaktiviert werden“. Andere Erreger der „Nasen-, Rachen- und Hautflora“ könnten dann noch auf der Maske vorhanden sein. Sie seien zwar weitgehend ungefährlich, dennoch sollte die Maske lediglich von derselben Person nochmals getragen. Um alle Erreger abzutöten, wären höhere Temperaturen erforderlich, so die Forscher. Das wiederum würde jedoch die Schutzwirkung der Maske beeinträchtigen.

Eine zweite Möglichkeit sei es, die Maske sieben Tage lang bei Raumluft zu trocknen. SARS-CoV-2 bleibe auch bei Raumtemperatur über einen langen Zeitraum auf Maskenmaterialien infektiös. Aber diese Infektiösität lasse sich um 95 Prozent reduzieren, wenn die Maske sieben Tage lange nicht benutzt wurde.

Es sei wichtig, genau den beschriebenen Anweisungen zu folgen, schreibt das BfArM. Zudem seien die dargestellten Verfahren keine Garantie für einen sicheren Infektionsschutz, und FFP2-Masken sollten nicht in der Mikrowelle, der Wasch- oder Spülmaschine oder mit UV-Licht aufbereitet werden.

In einer aktuellen Stellungnahme zu diesem Thema schreibt die Deutsche Gesellschaft für Pneumologie und Beatmungsmedizin (DGP), dass SARS-CoV-2-Viren nur eine begrenzte Überlebenszeit außerhalb ihres Wirtes haben: „Auf festen Oberflächen konnte nach 96 Stunden kein vitales Virus mehr nachgewiesen werden.” Die Autoren verweisen ebenfalls auf das Forschungsprojekt aus Münster. Dennoch betonen sie: „Nach Auffassung der DGP gibt es derzeit keinen hygienisch validierten und in der Breite durchführbaren Aufbereitungsalgorithmus, der eine benutzte FFP-Maske in ihren Ausgangszustand versetzt.“

Behauptung 4: FFP2-Masken könnten bei falscher Anwendung Gesundheitsschäden verursachen

Bewertung: Größtenteils richtig

Die Betrachtung möglicher gesundheitlicher Schäden ist vor allem für Menschen mit Vorerkrankungen relevant. Das Robert-Koch-Institut (RKI) schreibt auf seiner Webseite (Stand 22. Januar 2021): „FFP2-Masken kamen bisher zweckbestimmt und zielgerichtet im Rahmen des Arbeitsschutzes zum Einsatz. Daher wurden außerhalb des Gesundheitswesens noch keine Untersuchungen zu den gesundheitlichen, gegebenenfalls auch langfristigen Auswirkungen ihrer Anwendung (z.B. bei Risikogruppen oder Kindern) durchgeführt. In Untersuchungen mit Gesundheitspersonal wurden Nebenwirkungen wie z.B. Atembeschwerden oder Gesichtsdermatitis [Hautentzündung, Anm. d. Red.] infolge des abschließenden Dichtsitzes beschrieben.“

Deshalb solle bei der Benutzung von FFP2-Masken von Laien sichergestellt werden, dass die „individuelle gesundheitliche Eignung sichergestellt“ sei und „der Dichtsitz und die korrekte Handhabung gewährleistet“ seien.

Weiter erklärt das RKI: „Beim Einsatz von FFP2-Masken bei Personen mit z.B. eingeschränkter Lungenfunktion oder älteren Personen sind negative gesundheitliche Auswirkungen nicht auszuschließen.“ Deshalb sollten solche Personen ärztlich dabei begleitet und über die richtige Verwendung der Maske aufgeklärt werden.

Auch die DGP schreibt in ihrer Stellungnahme, dass jede Maske die „Atemarbeit“ erhöhe. Wie stark hänge davon ab, wie groß der Luftwiderstand der Maske ist und wie dicht sie sitzt. Deshalb schreiben die Autoren weiter: „Patienten mit Herz- und/oder Lungenerkrankungen sollten in Einzelfällen in Abhängigkeit vom Erkrankungsstadium mittels einer Blutgasanalyse oder Belastungsuntersuchung mit Maske evaluiert werden.“

Behauptung 5: FFP2-Masken seien nicht als Medizinprodukt geeignet

Bewertung: Fehlender Kontext

Tatsächlich sind FFP2-Masken ursprünglich keine Medizinprodukte. Es fehlt jedoch wesentlicher Kontext, denn auch dies bedeutet nicht, dass die Maske nicht vor SARS-CoV-2 schützen kann.

FFP2- und FFP3-Masken gehören laut BfArM zur Produkt-Kategorie „Persönliche Schutzausrüstung“ im Rahmen des Arbeitsschutzes. Sie „[…] schützen den Träger der Maske vor Partikeln, Tröpfchen und Aerosolen. Korrekt sitzende FFP-Masken liegen dicht an und bieten Fremd- und Eigenschutz“, schreibt das BfArM.

Dass FFP-Masken nicht speziell zum Schutz vor übertragbaren Erkrankungen entwickelt wurden, sondern alle Formen von Schadstoffen einer bestimmten Partikelgröße abhalten sollen, erklärt auch Pneumologe Dominic Dellweg in einer E-Mail an CORRECTIV.Faktencheck.

Ein Sprecher der Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin (BAuA) schrieb uns, dass es für die verschiedenen Maskentypen unterschiedliche Prüfverfahren gebe. Für FFP-Masken im Sinne der Norm DIN EN 149 sei eine „Prüfung der bakteriellen Filterleistung grundsätzlich nicht vorgesehen“. Dennoch werde das ausreichende Schutzniveau gegen SARS-CoV-2 durch derart geprüfte FFP2- und FFP3-Masken erreicht. „Hier sind die Maßnahmen zum Schutz vor biologischen Arbeitsstoffen ausschlaggebend, die der Ausschuss für biologische Arbeitsstoffe festgelegt hat“, so der Sprecher der BAuA. „Aufgrund der Erfahrungen in Praxen und Laboren sollte [durch] die FFP2-Masken, die ansonsten in großem Umfang gegen (Fein-)Stäube eingesetzt werden, die Viren (die ja zudem noch von Wasser und anderen Stoffen umhüllt sind) zurückgehalten werden.“

Auch die DGP schreibt in ihrer Stellungnahme, dass (im Gegensatz zum chirurgischen Mund-Nasen-Schutz) FFP-Masken keine Medizinprodukte seien, sondern zur persönlichen Schutzausrüstung zählen. „Nach EN 149 zugelassene Halbmasken dienen zum Schutz sowohl gegen Stäube und Aerosole. Es wird lediglich die nach innen gerichtete Leckage überprüft. Somit stellt das Prüfverfahren lediglich den Selbstschutz des Trägers sicher und lässt den Fremdschutz außer Acht.“

Vor diesem Hintergrund sind aus Sicht der DGP drei Punkte entscheidend für die Benutzung von FFP-Masken zur Eindämmung der Corona-Pandemie:

Hohe Filterleistung des Maskengewebes für respirable Partikel Geringer Luftwiderstand des Maskengewebes Guter Abschluss am Gesicht mit geringer Leckage bei Ein- und Ausatmung

Insgesamt schlussfolgert die DGP: „FFP-Masken und chirurgische Masken wurden zu anderen Zwecken entwickelt und stellen für den Eigen- und Fremdschutz der Bevölkerung gegenüber infektiösen Aerosolen einen Kompromiss dar.“

Redigatur: Alice Echtermann, Sarah Thust

Die wichtigsten, öffentlichen Quellen für diesen Faktencheck:

Hinweise des Bundesinstituts für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) zur Verwendung von Mund-Nasen-Bedeckungen, medizinischen Gesichtsmasken sowie partikelfiltrierenden Halbmasken (FFP-Masken): Link

Stellungnahme der Deutschen Gesellschaft für Pneumologie und Beatmungsmedizin zum „Tragen von FFP und chirurgischen Masken für die Bevölkerung“ vom 26. Januar 2021: Link

Forschungsprojekt der Fachhochschule Münster und der Westfälischen Wilhelms-Universität Münster: „Möglichkeiten und Grenzen der eigenverantwortlichen Wiederverwendung von FFP2-Masken für den Privatgebrauch im Rahmen einer epidemischen Lage“: Link

Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin (BAuA): Empfehlung organisatorischer Maßnahmen zum Arbeitsschutz im Zusammenhang mit dem Auftreten von SARS-CoV-2, sowie zum ressourcenschonenden Einsatz von Schutzausrüstung: Link

Ausführungen des Robert-Koch-Instituts (RKI) zum Coronavirus SARS-CoV-2 / COVID-19: Link

Faktencheck: Welche Mittel helfen gegen Corona - und welche nicht?

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Das wirkt:

Avigan - kann eine Corona-Erkrankung verkürzen

Das japanische Grippemittel Avigan mit dem Wirkstoff Favilavir sorgte zunächst in Asien, dann weltweit für einen Hype. Das Medikament wird eigentlich gegen Influenza eingesetzt und soll gegen verschiedene RNA-Viren wirken. 2014 wurde es erfolgreich gegen Ebola eingesetzt. 2016 lieferte die japanische Regierung Favilavir als Nothilfe zur Bekämpfung der Ebola-Seuche nach Guinea.

Nach aktuellem Stand kann das Medikament die Zeit der Erkrankung verkürzen, es hat allerdings sehr starke Nebenwirkungen wie anaphylaktische Schocks oder Lungenentzündungen.

Dexamethason - es kommt aufs Timing an

Der Entzündungshemmer Dexamethason soll bei Patienten, die beatmet werden und mehr als sieben Tage lang krank sind, die Sterblichkeit senken. Das Robert-Koch-Institut (RKI) und auch die Weltgesundheitsorganisation (WHO) empfehlen bei solchen Patienten den Einsatz des Medikaments. Dexamethason soll allerdings nicht bei Menschen mit milden Symptomen und nicht zu früh eingesetzt werden. “Wenn man zu früh einsetzt, würde man das Immunsystem dämpfen oder blocken und könnte sogar provozieren, dass die Erkrankung schwerer verlaufen könnte”, erklärte Sandra Ciesek, Direktorin des Instituts für Medizinische Virologie am Universitätsklinikum Frankfurt, im NDR-Podcast Anfang Oktober.

Das wirkt nicht:

Hydroxychloroquin - keine positiven Auswirkungen

Der Wirkstoff Hydroxychloroquin, ein altes Mittel gegen Malaria, galt am Anfang der Pandemie als Hoffnungsträger gegen COVID-19 und wurde zunächst auch eingesetzt. Mittlerweile warnt das Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte allerdings vor der Einnahme zur Behandlung von COVID-19. “Mit Hydroxychloroquin behandelte COVID-19 Patienten sind wegen der schweren Nebenwirkungen, die bei der Anwendung auftreten können, genau zu überwachen”, schreibt das Institut auf seiner Webseite. Vor allem aber seien keine positiven Auswirkungen bei Corona-Patienten nachgewiesen worden.

Hydroxychloroquin wird zwar bei Malaria eingesetzt, bei COVID-19 ist es aber keine Empfehlung mehr

Das ist umstritten:

Artemisinin - pflanzlicher Hoffnungsträger

Zu Beginn der Pandemie sorgte ein Kräutergetränk aus Madagaskar für Furore: Covid Organics, das auf Artemisinin setzt, einen Wirkstoff aus Beifußpflanzen. Belastbare klinische Studien zur Wirkung von Covid Organics fehlen bisher.

Ein Team um Professor Peter Seeberger, Leiter des Bereichs Biomolekulare Systeme am Max-Planck-Instituts für Kolloid- und Grenzflächenforschung, konnte zumindest im Reagenzglas feststellen, dass Extrakte der Artemisia-Pflanze gegen das neue Coronavirus wirksam sind. Bisher erschien die Studie als Preprint, sie ist also noch nicht endgültig begutachtet.

Derzeit läuft in Mexiko eine Phase-II-Studie mit 360 Menschen, die die Wirksamkeit von der Pflanze Artemisia annua in Zusammenhang mit COVID-19 untersucht. Ergebnisse sind aber bisher noch nicht veröffentlicht.

Madagassische Behörden verteilten das Covid Organics auch in Schulen

Seeberger sagte im DW-Gespräch, es gebe “genügend Ansatzpunkte”, um sich die Wirkung von Artemisinin in Zusammenhang mit dem Coronavirus wissenschaftlich anzusehen. Er rät allerdings streng davon ab, “Artemisia-Tees in dem Glauben zu sich zu nehmen, damit COVID-19 vorzubeugen oder es zu kurieren. Eine Aktivität ist momentan nicht klinisch bewiesen.”

Tocilizumab und Sarilumab - widersprüchliche Studien

Die Wirkung der Antikörper Tocilizumab und Sarilumab ist bisher umstritten. Die Wirkstoffe kommen normalerweise bei rheumatischer Arthritis zum Einsatz und sollen einem aktuellen Preprint zufolge die Sterblichkeit von COVID-19-Patienten signifikant senken. Großbritanniens Regierung plant, die Wirkstoffe künftig gegen das Coronavirus einzusetzen. Eine andere Studie kam allerdings zu dem Ergebnis, dass die Wirkstoffe die Sterblichkeit nicht wirklich verringern.

Ivermectin - (k)ein Wundermittel?

Zu dem Medikament Ivermectin gibt es ebenfalls zweiteilige Aussagen. Während das Medikament, das eigentlich gegen Krätze und Wurmerkrankungen benutzt wird, in Lateinamerika als “Corona-Wundermittel” gehandelt wird, raten die WHO und die US-amerikanische Arzneimittelbehörde FDA davon ab. Weitere Tests seien erforderlich, um festzustellen, ob Ivermectin zur Vorbeugung oder Behandlung von Coronavirus oder COVID-19 geeignet sein könnte.

Einige Mittel sollen schwere Verläufe von COVID-19 abmildern und die Sterblichkeit senken

Die “Front Line COVID-19 Critical Care Alliance”, eine Allianz von US-Intensivmedizinern, kommt nach Auswertung der vorliegenden klinischen Daten dagegen zu dem Schluss, dass der Wirkstoff die Viruslast signifikant verringern könne und die Genesung von Patienten mit leichtem und mittlerem Verlauf beschleunige. Bei schweren Verläufen soll das Medikament die Notwendigkeit eines Krankenhausaufenthaltes reduzieren und die Fallsterblichkeit senken.

Mundspülungen und Nasensprays - Wirkung unbelegt

Die Deutsche Gesellschaft für Krankenhaushygiene empfiehlt, zur Prävention mit bestimmten Flüssigkeiten zu gurgeln. Die Idee dahinter: Das Gurgeln tötet Viren im Rachenraum ab. Sollten die Patienten infektiös sein, könnte kurzzeitig die Ansteckungsgefahr für andere reduziert werden.

Der Sprecher der Gesellschaft, Peter Walger betont im DW-Gespräch: “Natürlich erreicht man die Viren nicht, solange sie in den Zellen sind. Es ist also keine Beseitigung der Infektion, sondern nur eine Beseitigung der freien Viren, die - wenn sie ausgehustet oder ausgeatmet werden - die Basis für eine neue Ansteckung wären.”

Ähnliches gilt für antiviral wirkende Nasensprays. Bisher war beispielsweise das Produkt Algovir im Gespräch.

Alle antreten! - Mundspülungen sind ein altes Hausmittel zur, hier versuchen britische Soldaten 1939 die Grippe abzuwehren

Konkreter Anlass für die Empfehlung war die Studie einer Forschungsgruppe aus Bochum und weiteren Wissenschaftlern, wie Walger sagte. Im Reagenzglas konnten diese nachweisen, dass verschiedenen Mundspüllösungen die Virusmengen von SARS-CoV-2 reduzierten.

Die WHO und deutsche zahnmedizinische Fachgesellschaften empfehlen bereits seit August und September, dass Patienten vor einer Behandlung im Mund mit entsprechenden Lösungen gurgeln sollten. Die Fachgesellschaften betonten jedoch, dass es noch keine klinischen Studien gab, die beweisen, dass die Mundspülungen auch im Menschen gegen SARS-CoV-2 hilft.

Mit Remdesivir und Dexamethason wurde auch US-Präsident Donald Trump behandelt, als er an COVID-19 erkrankt

Umstritten ist derzeit, ob die Lösungen tatsächlich dort im Körper ankommen, wo die meisten Viren sitzen, wie aus einer Recherche der Redaktion Correctiv hervorgeht. Eine Studie aus Deutschland mit 10 SARS-CoV-2-positiven Probanden kam zu dem Schluss, dass eine Mundspülung mit einer einprozentigen Wasserstoffperoxid-Lösung die Virenlast nicht senkte.

Remdesivir - es fehlen Beweise

Donald Trump nahm das Mittel nach seiner Corona-Infektion, die Wirkung von Remdesivir gegen COVID-19 ist allerdings höchst umstritten. Das RKI empfiehlt den Einsatz bedingt, in den USA beispielsweise wird es auch genutzt. Die US-Regierung stützt sich dabei auf Studien, wonach der Wirkstoff die Erkrankungszeit verkürze. Für die WHO gibt es nicht nicht genügend Beweise, um die Verwendung von Remdesivir zu empfehlen.